Schwarzgrüne Mehrheit ignoriert die Regeln des Parlaments – Alles bleibt, wie es nie hätte sein sollen

Der Hessische Landtag hat heute in 3. Lesung über den Entwurf für ein neues Verfassungsschutzgesetz debattiert, den die Regierungsfraktionen von CDU und Grünen vorgelegt haben. Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Nancy Faeser, erneuerte ihre mehrfach vorgebrachte Kritik an dem Gesetz, das inhaltlich unzureichend und formal bedenklich sei.

Faeser sagte am Donnerstag in der Plenardebatte an die Adresse der schwarzgrünen Koalition: „Sie haben angefangen mit dem Versuch, ein neues Verfassungsschutzgesetz machen. Daran sind Sie krachend gescheitert, weil Sie sich untereinander nicht einigen konnten. Um ihren Koalitionsfrieden zu wahren, machen Sie jetzt unter dem alten Label ‚Verfassungsschutzgesetz‘ faktisch ein neues Polizeigesetz – ohne Anhörung der Betroffenen, ohne ordentliche parlamentarische Beratung dessen, was Sie so alles in dieses Gesetzeswerk hineingeschrieben haben. Sie legen ein ‚Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen‘ vor – und regeln darin dann Dinge wie den Hundeführerschein oder die Kennzeichnung und Registrierung von Hunden. Das ist grotesk. Das verstößt gegen alles, was eine seriöse Gesetzgebung ausmacht. Und es verstößt gegen die Geschäftsordnung des Hessischen Landtags.“

Denn, so Faeser, die Geschäftsordnung des Landtags (GOHLT) lege in § 93 Abs. 2 fest, dass die kommunalen Spitzenverbände zu Gesetzesvorlagen anzuhören seien, die wesentliche Belange der Gemeinden berührten[1]. Und genau das sei der Fall, weil sowohl die Sachkundeprüfung für Hundehalter als auch die elektronische Kennzeichnung und Registrierung von Hunden kommunale Zuständigkeiten seien, die nun in einem Landesgesetz geregelt würden. „Das schwarzgrüne Bündnis setzt sich mit seiner Parlamentsmehrheit über die Regeln des Parlaments hinweg. Das ist absolut inakzeptabel“, kritisierte Nancy Faeser.

Jenseits seines fragwürdigen Zustandekommens sei das Gesetz inhaltlich mangelhaft, so Faeser. Sie sagte: „Eine der Lehren aus dem NSU-Untersuchungsausschuss war, dass das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) besser beaufsichtigt werden muss. Und damit war natürlich eine stärkere Kontrolle durch das Parlament gemeint. Im Gesetzentwurf der Regierungskoalition findet sich aber nichts dergleichen. Aber man kann doch nicht ernsthaft von einer ‚Neuausrichtung‘ reden, wenn die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes in Hessen weiterhin so voller Einschränkungen sein soll. Wir debattieren hier nicht über ein Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes, sondern über ein Gesetz zum Schutz des Verfassungsschutzes vor dem demokratisch gewählten Parlament.“

Faeser forderte erneut weitergehende Befugnisse für die Parlamentarische Kontrollkommission für den Verfassungsschutz (PKV). Das Gremium müsse mindestens sieben Mitglieder umfassen und alle Landtagsfraktionen berücksichtigen. Die PKV solle wenigstens einmal im Vierteljahr tagen und uneingeschränkten Zutritt zu den Dienststellen des LfV erhalten. Um mehr Transparenz und damit wieder mehr Vertrauen in den Verfassungsschutz herzustellen, solle es der PKV ermöglicht werden, auch öffentlich zu tagen. Darüber hinaus solle sich der Präsident oder die Präsidentin des LfV einmal im Jahr einer öffentlichen Anhörung stellen.

„Das und noch mehr haben wir immer wieder eingefordert. Nichts davon wird Wirklichkeit. Mit dem neuen Verfassungsschutzgesetz dokumentieren CDU und Grüne, dass alle Versprechen für eine echte Reform des LfV nur leeres Gerede war. Das neue Gesetz sorgt lediglich dafür, dass alles so bleibt, wie es nie hätte sein sollen“, so Nancy Faeser.

[1] Auszug aus der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags (GOHLT):

 

  • 93 Anhörungen

 

[…] (2) Berät der Ausschuss Gesetzesvorlagen, durch die wesentliche Belange von Gemeinden und Gemeindeverbänden berührt werden, soll den auf Landesebene bestehenden Kommunalen Spitzenverbänden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Dies gilt insbesondere bei Entwürfen von Gesetzen, die ganz oder teilweise von den Gemeinden oder Gemeindeverbänden auszuführen sind, ihre öffentlichen Finanzen unmittelbar betreffen oder auf ihre Verwaltungsorganisation einwirken. Von diesem Verfahren kann abgesehen werden, wenn aus der Regierungsvorlage die Stellung-nahme der Kommunalen Spitzenverbände bereits hervorgeht.